
Straflose Selbstanzeige – die Zeit läuft
Am 1. Januar 2018 trat der automatische Informationsaustausch (AIA) zwischen der Schweiz und Liechtenstein in Kraft. Entsprechend werden ab diesem Jahr Finanzinformationen gesammelt und ab der zweiten Hälfte 2019 Daten zwischen den beiden Ländern ausgetauscht. Was bedeutet dies für in der Schweiz wohnhafte Personen, die Guthaben und Erträge auf Liechtensteiner Bankkonten haben? Welche Vorteile und Stolpersteine kann eine Selbstanzeige bei unversteuerten Geldern zur Folge haben? Noch ist in fast allen Kantonen eine straflose Selbstanzeige möglich…
Lesen Sie den vollständigen Artikel in der neuesten Beilage des Tages-Anzeigers «Fokus» mit Hinweisen unserer SwissLegal Experten Jörg Frei (St. Gallen), Rachid Ghazi (Zürich) und Martina Zarn (Chur).
Straflose Selbstanzeige – die Zeit läuft
Der automatische Informationsaustausch mit Liechtenstein hat zum Ziel, die grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Um einer Strafverfolgung zu entgehen, besteht nach wie vor die Möglichkeit zur Selbstanzeige. Martina Zarn, Jörg Frei und Rachid Ghazi, Anwälte und/oder Steuerexperten bei SwissLegal, erklären, wie eine solche von statten geht und welcher zeitliche Horizont dabei zu beachten ist.
Rachid Ghazi, wann tritt der automatische Informationsaustausch (AIA) mit Liechtenstein in Kraft?
Der AIA zwischen der Schweiz und Liechtenstein trat am 1. Januar dieses Jahres in Kraft. Das bedeutet, dass Finanzinformationen ab diesem Jahr gesammelt und erstmals in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 zwischen der Schweiz und Liechtenstein ausgetauscht werden. Für in der Schweiz wohnhafte Personen hat das zur Folge, dass die Schweizer Steuerbehörden u.a. über die Höhe von Guthaben und Erträgen auf Liechtensteiner Bankkonten informiert werden.
Ist eine straflose Selbstanzeige in der Schweiz bei unversteuerten Geldern in Liechtenstein noch möglich?
Ja, in fast allen Kantonen. In gewissen endet die Frist mit Bezug auf unversteuerte Gelder in Liechtenstein bereits am 31. Dezember 2018, in vielen aber erst am 30. September 2019. Einige Kantone haben nochmals andere Fristen.
Was gilt es bei straflosen Selbstanzeigen zu beachten?
Es lauern einige Stolpersteine: So ist beispielsweise darauf zu achten, dass das gesamte unversteuerte Einkommen und Vermögen nachdeklariert wird. Wird nur ein Teil nachdeklariert, kann dies – bei Entdeckung des anderen Teils – dazu führen, dass die Selbstanzeige als Ganzes nicht zur Straflosigkeit führt. Sobald komplexere Verhältnisse vorliegen, also bspw. auch Gesellschaften, Stiftungen, Trusts involviert sind, gilt es, auch für diese und deren Organe eine gründliche steuerliche Beurteilung vorzunehmen. Zudem können neben Einkommens- und Vermögenssteuern bzw. Gewinn- und Kapitalsteuern auch weitere Steuerarten betroffen sein, wie etwa die Verrechnungssteuer.
Jörg Frei, was sind die Vorteile der straflosen Selbstanzeige?
Wie der Name bereits sagt, resultiert aus der Selbstanzeige vorerst die Straflosigkeit, d.h. es fällt keine Strafsteuer an. Zudem hat der Steuerpflichtige gegenüber den Steuerbehörden «reinen Tisch» gemacht, er muss nicht weiter befürchten, entdeckt zu werden.
Wie könnte ein Fallbeispiel aussehen?
Nehmen wir einen Steuerpflichtigen im Kt. St. Gallen, der über nicht deklarierte Vermögenswerte in der Höhe von zwei Millionen verfügt, aus welchen steuerbare Erträge von vier Prozent fliessen. Angenommen wird weiter, dass die Einkünfte, welche zu diesem Vermögen geführt haben, vor mehr als zehn Jahren erzielt wurden. Nach Eingang der Selbstanzeige eröffnet die Steuerverwaltung ein Nachsteuerverfahren. Dabei berechnet sie die Vermögenssteuern sowie die Einkommenssteuern auf den Vermögenserträgen der letzten zehn Jahre. Diese Nachsteuern dürften sich – abhängig von der Höhe der übrigen Einkünfte und vom Wohnort – auf bis zu rund Fr. 320'000 belaufen. Ausserdem fallen Verzugszinsen auf den hinterzogenen Steuern an. Werden die genannten Vermögenswerte hingegen ohne Selbstanzeige entdeckt, kommt zu den Nachsteuern und Zinsen eine Strafsteuer im Umfang des hinterzogenen Steuerbetrags hinzu. Im vorliegenden Fall müssen also zusätzlich rund Fr. 320'000 entrichtet werden. Die Strafsteuer kann jedoch auch deutlich höher ausfallen – bis zum Dreifachen des hinterzogenen Steuerbetrags. In anderen Fällen, etwa bei einem Steuerbetrug oder bei Steuerhinterziehung anderer Steuerarten, sind auch weitere Bussen, theoretisch sogar Haft und Strafregistereinträge möglich. Zu beachten ist, dass eine straflose Selbstanzeige nur einmal im Leben eingereicht werden kann. Weitere Selbstanzeigen hätten keine Straflosigkeit zur Folge, wohl aber erhebliche Strafminderungen.
Martina Zarn, haben ausschliesslich Banken eine Meldepflicht unter dem AIA?
Nein. Der AIA bezweckt generell das Verhindern der Steuerhinterziehung durch das Halten von Vermögenswerten im Ausland und nimmt deshalb nicht nur Banken in die Pflicht. Auch Versicherungsunternehmen sowie Gesellschaften, Stiftungen und Trusts können meldepflichtig sein.
Wer wird gemeldet?
Banken melden den Kontoinhaber oder, wenn ein Rechtsträger Kontoinhaber ist, die beherrschende Person des Rechtsträgers. Meldepflichtige Versicherungsgesellschaften rapportieren den Versicherungsnehmer bzw. die begünstigten Personen, während Gesellschaften, Stiftungen und Trusts, wiederum abhängig von ihrer Ausgestaltung, den Gründer, Begünstigte, Organe bzw. Trustees und Protektoren sowie Dritte mit massgeblichem Einfluss melden.
Sind bei liechtensteinischen Rechtsträgern und Strukturen Änderungen noch zulässig?
Da mit dem AIA aufgrund strenger liechtensteinischer Missbrauchsbestimmungen der Spielraum für rechtlich zulässige Gestaltungen eng geworden ist, empfiehlt sich eine eingehende Prüfung des Einzelfalls.
2017 trat das Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein in Kraft. Welche Chancen bringt es mit sich?
Das Abkommen bringt zahlreiche Steuererleichterungen mit sich. Hervorzuheben ist unter anderem, dass Gesellschaften und Stiftungen in Liechtenstein von einer teilweisen oder vollständigen Rückerstattung der Schweizer Verrechnungssteuer profitieren können, so dass Investitionen in der Schweiz wieder attraktiver werden.
Quelle: Tagesanzeiger, Fokus „Rechts Guide 2018“, S.4 (vom 9.3.2018)
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